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  17. Februar 2016
digita - Deutscher Bildungsmedienpreis 2016

 
 
Begrüßungsrede Prof. Dr. Wilfried Hendricks, Vorsitzender der digita-Jury

Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der nominierten Wettbewerbsteilnehmer, sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, dass Sie unsere Einladung zur 21. Verleihung des Deutschen Bildungsmedienpreises "digita" angenommen haben und begrüße Sie ganz herzlich. Besonders möchte ich Ihnen danken, sehr geehrte Frau Ministerin Löhrmann, dass Sie wie schon vor drei Jahren die Schirmherrschaft über den Wettbewerb übernommen haben und dass Sie auch diesmal die Preisverleihung persönlich vornehmen.

 

 
 
Leider ist Morten Hendricks, der verantwortlich den digita organisiert und in den letzten Jahren die Preisverleihung moderiert hat, mit der gesamten Familie heftig an Grippe erkrankt. Er bedauert sehr, nicht hier sein zu können und lässt Sie herzlich grüßen.
So werde ich noch einmal als Sprecher der digita-Jury durch das heutige Programm führen, gemeinsam mit Svenja Schulte, die als Mitarbeiterin des IBI tatkräftig in die Durchführung des Wettbewerbs involviert ist.

 
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Meine Damen und Herren, ich möchte gleich zu Beginn den Mitgliedern der Jury für außerordentlich kooperatives und professionelles Arbeiten danken, für das Einbringen ihrer Kompetenz, für die Ausdauer an den Sitzungstagen und die weisen Entscheidungen hinsichtlich der Nominierungen und Sieger. Dort sehen Sie die heute Anwesenden, wozu noch Dr. Katja Kantelberg zählen würde, wenn Sie hier sein könnte. Die Jury-Mitglieder werden Ihnen vorgestellt, bevor Sie nachher in Aktion treten. Wir haben vor vier Wochen nach intensiver Diskussion mit dem Gutachterteam aus den eingereichten Wettbewerbsteilnehmern in anderthalb Tagen 17 Nominierungen benannt. Aus diesen wurden danach die digita-Gewinner ausgewählt, die heute ausgezeichnet werden.

Ich danke natürlich auch und ganz besonders den 32 Gutachterinnen und 23 Gutachtern, ohne deren fachliche Kompetenz wir die intensive Analyse und Bewertung der zum Wettbewerb eingereichten Materialien nicht hätten leisten können, und das auch noch in der Weihnachtszeit! Ich freue mich jedes Jahr, dass wir auch für Nischenthemen kompetente Gutachterinnen und Gutachter gewinnen können.

 

Der größte Dank geht an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 21. Wettbewerbs um den Deutschen Bildungsmedien-Preis. Große Wertschätzung gebührt allen, die sich dem Wettbewerb stellten, auch wenn sie nicht nominiert wurden.

Es ist wie auf der Berlinale: Nur ein Film bekommt in den einzelnen Kategorien einen Preis zuerkannt. Wer die Kritiker-Rankings in der Tagespresse verfolgt, der sieht, wie stark manche Kategorien besetzt sind und wie gegensätzlich die Bewertungen sein können.

 

Meine Damen und Herren! Wir sind uns sicher in der Überzeugung einig, dass Bildung in der digitalen Welt nur gelingen kann mit sach- und personenadäquaten digitalen Lern- und Lehrmitteln, wie sie z. B. von den diesjährigen digita-Nominierungen repräsentiert werden. Die gegenwärtige bildungspolitische Großwetterlage sollte uns zuversichtlich stimmen. Zum Glück gibt es auf allen Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – konvergierende Bestrebungen, weil festgestellt wird, dass die Zeit reif dafür ist, so viel gemeinsam durchzuführen, wie es die politischen Gegebenheiten trotz oder wegen des Kooperationsverbots gestatten.

Die digitale Agenda der Bundesregierung sieht in der Bildung ein wichtiges Thema. Und erfreulicherweise hat der nächste Nationale IT-Gipfel im November in Saarbrücken den Schwerpunkt auf "Digitalisierung und Bildung" gesetzt. Denn wer Industrie 4.0 als Perspektive für Deutschland verkündet, kann nicht nur die Entwicklung von Technik und Ökonomie im Blick haben, sondern muss zwangsläufig frühzeitig und intensiv in Humanressourcen investieren.

 

Das bedeutet, die zeitgemäßen Bildungsmittel zur Verfügung zu stellen, das Lehr- und Ausbildungspersonal entsprechend zu qualifizieren und für die Lernenden in allen Altersklassen und Lebenssituationen die technischen Voraussetzungen für das "Lernen zur rechten Zeit und am rechten Ort" zu schaffen.

Produkte und Dienstleistungen am Bildungsmarkt anzubieten, ist nicht nur eine Herausforderung auf der Anbieterseite, sondern auch auf der Abnehmerseite. Das setzt voraus, dass Bedingungen für das online Lernen überall gegeben sind. Bezogen auf die Anwendungen in Schule, in der dualen Berufsbildung und in der Hochschule sowie im privaten Bereich muss die Zugänglichkeit durch genügend große Bandbreiten bundesweit sichergestellt werden. Dies dürfte sich vermutlich bald (in den nächsten 5- 10 Jahren) im Zuge der digitalen Agenda als gelöst herausstellen. Auch das W-Lan wird von den Trägern der Bildungseinrichtungen dann realisiert sein. Das ist die Seite der Infrastruktur. Die andere offene technische Frage bei den Lernenden ist die nach der Ausstattung mit Hardware. Hier wird bei vielen Fachleuten derzeit die Lösung im BYOD-Konzept gesehen. Bring your own device – besser, weil lernerorientiert, müsste es heißen: Take your own device. Dass damit eine Reihe von technischen und unterrichtsorganisatorischen Fragen noch zu lösen ist, scheint vielen klar. Die Frage, ob Smartphones im Unterricht genutzt werden dürfen - Stichwort Handyverbot - erscheint dabei noch als weniger belastend. Die Zeit drängt, denn der Markt, so viel wurde im Wettbewerb deutlich, setzt stark auf das mobile Lernen.

 

Daneben gibt es zwei weitere Problemkomplexe, die dringend – auch im Kontext mit der Technikfrage – gelöst werden müssen und wofür die Jury unter den Einreichungen bemerkenswerte Lösungen fand.

Die beiden Stichwörter hierzu sind Medienkompetenz und Inhalte/curriculare Grundlagen. In diesem Jahr sind unter den Nominierungen Einreichungen aus drei Bundesländern, die sich hervorragend in Fragen der Medienkompetenz wie auch der inhaltlichen Unterrichtsgestaltung die Bälle über den Zaun zuspielen könnten. Herzliche Einladung an die Schulen der jeweils anderen Bundesländer, sich zu bedienen!

 

Medienkompetenz
In vielen Gutachtertexten zu den im Wettbewerb eingereichten Angeboten wird die Befürchtung laut, dass das pädagogische Personal - wie im übrigen auch die Lernenden - von den neuen Konzepten und Produkten überfordert sein könnten, weil neue Formen des Lehrens und Lernens notwendig sind. Es ist deshalb die Frage nach der Qualität der Medienkompetenz des pädagogischen Personals zu klären. Hier gibt es auf der Seite der Lehrenden – vom Primarbereich über die berufliche Bildung bis zur Universität – erhebliche Qualitätsdefizite. Glücklicherweise haben wir im diesjährigen Wettbewerb ebenso wie im Vorjahr außerordentlich positiv stimmende Beispiele dafür gefunden, auf welchen Wegen und mit welchen Inhalten diesem Problem begegnet werden kann. Der Schlüssel zum erfolgreichen digital gestützten Lernen und Lehren, die Medienkompetenz, wird in der Bildungspolitik inzwischen zunehmend als dringende Gestaltungsaufgabe betont, von der alle Akteurinnen und Akteure profitieren müssen.

 

Inhalt/curriculare Grundlagen
Die Entwicklung eines konsequent multimedial gestalteten Lehr- und Lernmaterials ist seit vielen Jahren in vielerlei Gestalt mehr angekündigt als ausprobiert worden. Nun aber entstehen digitale Angebote, die als multimediales online Lernsystem Fachcurricula schuljahrgangsweise abdecken und damit an die Stelle der klassischen Schulbücher treten. Unter den Nominierten ist ein Produkt, das von der digita-Jury als prototypisches und epochales digitales Lern- und Lehrwerk angesehen wird.
Die Jury sieht hier ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass die Bildungspolitik wegweisende Impulse in die Bildungswirtschaft geben kann. Damit scheint übrigens auch ein gangbarer Weg hin zu den sog. Open Educational Ressources geebnet zu werden. Es wäre eine spannende Forschungsfrage festzustellen, welche Resonanz sich in dieser Hinsicht in der Lehrerschaft ergibt.

 

Meine Damen und Herren! Wir werden immer wieder gefragt und fragen uns als Jury-Mitglieder auch selbst und diskutieren mit den Gutachterinnen und Gutachtern: Beurteilen wir die am Wettbewerb teilnehmenden Produkte mit den Jahren strenger? Dabei geht es etwa um folgende Fragen:
Z. B.: Ein Produkt erscheint uns nicht innovativ genug. Aber was bedeutet innovativ konkret? Haben alle dieselben Maßstäbe? Geht etwa auch: das Produkt ist nicht innovativ, aber didaktisch gut und solide? Oder: altbackene Oberfläche, aber inhaltlich gut? Was halten wir von inhaltlich dichten und guten Produkten, die aber technisch konventionell umgesetzt sind – oder umgekehrt?

 

Oder ein anderes Problem: Wollen wir eher Prozesse und Konzepte prämieren, die die Schule verändern oder eher nutzbare Produkte? Manchmal ist das Konzept besser als die damit eingereichte Lösung und deren Inhalte. Was macht man damit? Eigentlich wäre ja zu erwarten, dass beides einander entspricht.

Oder schließlich: Das ist zwar ein Spitzenprodukt, aber man könnte noch viel mehr daraus machen. Gegenargument: Produktentwicklung ist eigentlich nie so richtig abgeschlossen, es ist halt ein Prozess.

 

Uns rettet die Orientierung an den digita-Bewertungskriterien. Leitende Gesichtspunkte für die Jury-Mitglieder und das Gutachterteam sind u. a.
gestalterisches und technisches Niveau, konventionellen Medien gegenüber überlegen, konsequent multimedial gestaltet, unter datenschutzrechtlichen Aspekten einwandfrei konsequente Umsetzung eines überzeugenden didaktischen Konzepts mit zielgruppenorientierter Auswahl und Aufbereitung der Themen und Inhalte, Nutzung didaktisch passgenauer multimedialer Elemente, Nähe zur Lebens- und Arbeitswirklichkeit, Relevanz der Sachthemen, Unterstützung individueller Lernwege.

Alle Nominierten haben diese und viele andere Kriterien erfüllt. Wem dies in besonderer Weise gelang, dem gebührt die Auszeichnung als Gewinner des digita. Dabei werden Sie vielleicht auch die selbstkritische Frage beantwortet finden, ob die Jury zu streng urteilt. Wir als Jurorin oder Juror hoffen, zumindest zu weisen Urteilen zu gelangen. Sehen Sie gleich selbst.

 
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