Service Reden 2014 > Wilfried Hendricks

  26. März 2014
digita - Deutscher Bildungsmedienpreis 2014

 
 
Wilfried Hendricks, digita-Initiator und Leiter des IBI - Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft.

Rückblick auf den Wettbewerb um den digita 2014
Sehr geehrte Frau Staatssekretärin,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Nominierten, sehr geehrte Gäste der 19. Verleihung des Deutschen Bildungsmedien-Preises digita.
Die Jury des digita 2014 hat vor einem Monat auf ihrer zweitägigen Sitzung in Berlin die 17 Nominierungen für den Preis vorgenommen. Wie immer waren es zwei sehr intensive Tage, die geprägt waren von kritischer und konstruktiver Diskussion untereinander und mit den Gutachterinnen
 

 
 
und Gutachtern. Diese hatten sich wochenlang zu zweit oder zu dritt mit „ihren“ Produkten, auch z. T. unter Zuhilfenahme der Zielgruppen und mitunter mit Unterstützung durch die IBI-Technik intensiv mit den zu untersuchenden Bildungsmedien beschäftigt und sollten möglichst zu einem einheitlichen Urteil kommen - was jedoch mitunter nicht gelang. Dann war die Jury noch mehr herausgefordert, zu einem weisen Urteil zu kommen.

 
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Ich muss an dieser Stelle darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass wir es bei den 8 Jury-Mitgliedern, die Sie nachher als Laudatoren erleben werden, und bei den 32 Gutachterinnen und 30 Gutachtern mit Fachleuten zu tun haben, die langjährig in der digital geprägten Bildungsmedienlandschaft unterwegs sind und alle ziemlich genau wissen, wie sie im Hinblick auf ihren fachlichen Schwerpunkt und ihre Zielgruppen zu urteilen haben.
Die Ursachen für einen Dissens sind bei den Gutachtern zumeist in zwei Argumenten zu finden:

„Das habe ich schon mal besser gesehen!“ - „Was ist denn hier das Innovative?“

Beide Argumente sind schwer zu kontern.

 

Zum ersten Argument: Insider wissen, in der digitalen Medienwelt ist es schwer mit perfekten Leistungen zu glänzen. Immer gibt es noch etwas zu optimieren. Wer wüsste das besser als die Macher der digitalen Medien selbst! Aber der Markt kann nicht warten, bis die letzten Fehlerchen behoben sind – das ist auf dem Bildungsmedienmarkt nicht anders als auf dem Automarkt. Dass ein Produkt wirklich rundum perfekt ist, ist eher die große Ausnahme. Und wer findet die Schwachstellen leichter als die Mitglieder der Gutachtergruppe und der Jury? Also gilt es abzuwägen.

 

Zum zweiten Argument: Es ist richtig, in diesem Jahr bestimmen den Wettbewerb nicht die großen technischen Innovationen, sondern eher die inhaltlichen Differenzierungen sowie die Anpassungen auf die Bedürfnisse bestimmter Zielgruppen. Mobile Learning und Apps, Notebooks und Tablets, digital Whiteboards, Cloud und wie die technologischen Begriffe alle sonst noch lauten – alles ist längst im Markt vertreten. Angebote für Lernen mit Notebook, Tablet und Smartphone haben deutlich zugenommen. Insgesamt aber gibt es hierbei noch erhebliches Entwicklungspotenzial, was die gestalterische Qualität und die thematische Vielfalt anbelangt. Bei der digita-Bewertung geht es um die didaktische Qualität, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Inhalt und Form, um die Ergebnisse der Bemühungen dem Stand der didaktischen Diskussion und der technischen Entwicklung zu entsprechen sowie die jeweiligen Zielgruppen in ihrem Lernen oder pädagogischen Handeln angemessen zu unterstützen.

 


Ein Juror meinte trocken im Hinblick auf Schule: „Wir sollten aber auch nicht die Praxistauglichkeit aus den Augen verlieren und müssen an den Realitäten der Schule entlang diskutieren. Es fehlen definitiv Problemlöser für die Schulpraxis. Z. B. warum sind individuelle Förderung, Diagnostik, Inklusion nicht als Thema aufgegriffen?“ Und er fügt hinzu: „Die Schulen werden mit der technologischen und didaktischen Herausforderung allein gelassen. Diesen Themen muss in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden: Fehlende Medienkompetenz beim pädagogischen Personal, keine Bandbreite für die Übertragung, fehlende Anschlüsse.“

Die Juroren hoffen, dass das beeindruckende Marktangebot endlich zu einer intensiveren Nutzung der modernen Bildungsmedien besonders in den Bildungseinrichtungen führt. Dies kann aber nur mit einer breit angelegten Medienkompetenzentwicklung des pädagogischen Personals gelingen. Die Bildungsministerien sollten in ihrem Zuständigkeitsbereich in der Fortbildung programmatische Akzente setzen, damit endlich auf der technologischen Seite Investitionen eingefordert werden können.

Einen kleinen Wink einer Jurorin nehme ich noch auf „Du musst unbedingt erklären, weshalb ehemalige Preisträger mit Weiterentwicklungen von vormaligen Siegerprodukten unter den Nominierten zu finden sind.“ Die Voraussetzungen hierfür sind schnell genannt: wesentliche Verbesserungen in der didaktischen Qualität, größere inhaltliche Vielfalt, ein Plus in Multimedialität und Interaktivität, Differenzierungen im Zielgruppenbezug, neue Wege der Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden oder angemessene Nutzung neuer technologischer Entwicklungen.

 

Meine Damen und Herren, ich fand gestern im Netz zwei bemerkenswerte Artikel, die, wenn man sie aufeinander bezieht, sehr gut in die Betrachtungen passen, die wir in dieser kurzen Jury-Nachlese vornahmen:
http://www.digital-lernen.de/nachrichten/diverses/artikel/jim-studie-2013-digitale-medien-wichtig-fuer-schulerfolg.html

„Durchschnittlich 48 Minuten nutzen Schüler zwischen zwölf und 19 Jahren die digitalen Medien pro Wochentag, um zu Hause für die Schule zu arbeiten. Je älter die Schüler werden, desto mehr Zeit wenden sie für das Lernen am Computer auf. Die 18- bis 19-Jährigen schon über eine Stunde pro Tag (68 Min.). Die Schüler sprechen der Nutzung der digitalen Medien auch einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Schulerfolg zu: 81 Prozent der Schüler schätzen es als sehr wichtig oder wichtig ein zu Hause den Computer und das Internet für die Schule zur Verfügung zu haben.“

Das Börsenblatt meldet unter dem Titel „Digitale Produkte sind nach wie vor eine Fußnote“.http://www.boersenblatt.net/787367/ v. 20.3.2014: „Eine Marginalie in den Bilanzen sind die Umsätze mit digitalen Bildungsmedien: Trotz wachsender Akzeptanz an Universitäten, im Corporate Learning und dem privaten Lernen spielten sie eine ‚untergeordnete Rolle‘, so der Verband. In den Schulen fehlten sowohl die nötigen Budgets als auch die Infrastruktur.“

 

Irgendwie ist die Diskrepanz zu der vom JIM konstatierten relativ langen Verweildauer der Jugend am Computer – zu Bildungszwecken wohlgemerkt - und der defizitären Entwicklung bei den im Verband Bildungsmedien organisierten Unternehmen eine spannende Angelegenheit. Bei den jungen Leuten muss ein echter Bedarf an digitalen Lernmaterialien vorhanden sein. Nur wird dieser offensichtlich aus anderen Quellen gedeckt als den in dem Börsenblatt gemeinten.
Ich darf nicht vergessen, das Zitat aus der JIM-Studie zu ergänzen. Es heißt nämlich unmittelbar im Anschluss an die zitierte Stelle ohne weitere Erklärung: „Die Frage zur Computernutzung in der Schule wurde in der neuen JIM-Studie zu Gunsten anderer Schwerpunkte nicht mehr gestellt.“

 

Meine Damen und Herren: Nach dem digita ist vor dem digita. Die Jury hat angeregt zu überlegen, den Preis weiterzuentwickeln. Die zweite Dekade endet im nächsten Jahr und das ist eigentlich ein gutes Datum, um über inhaltliche, organisatorische, ja auch ökonomische Modifikationen zu entscheiden. Es wird im Frühherbst 2014 einen Digita-Workshop geben zu Positionsbestimmungen und Ausblick mit Fachleuten aus der Bildungswirtschaft, aus Ministerien und von Schulträgern, aus Schulen, Hochschulen und Unternehmen. Wir werden sehen, was die Jury in einem Jahr zu berichten weiß.

 

Jetzt sind wir alle gespannt auf die Preisverleihung. Ich wünsche Ihnen dazu viel Vergnügen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

 
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