Service Reden 2013 > Wilfried Hendricks

  20. Februar 2013
digita - Deutscher Bildungsmedienpreis 2013

 
 
Wilfried Hendricks, digita-Initiator und Leiter des IBI - Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft.

Rückblick auf den Wettbewerb um den digita 2013
Sehr geehrte Frau Ministerin Löhrmann, sehr geehrte Damen und Herren!
Wir hörten es gerade: Der digita ist gewissermaßen volljährig geworden. Im September 1995 wurde er - damals noch als Deutscher Bildungssoftwarepreis - zum ersten Mal auf der Buchmesse in Frankfurt vergeben. Seit 2000 findet die Preisverleihung auf der didacta statt. Zur kontinuierlichen Entwicklung des digita haben viele Menschen und Institutionen beigetragen:

 

 
 
•  Die Träger des digita: IBI, Stiftung Lesen und die Zeitschrift Bild der Wissenschaft (bis 2010) sowie Intel.
•  Die Förderer: Auf der Buchmesse waren es IBM, Novel und Deutsche Telekom, nach dem Wechsel zur didacta der Didacta Verband, der Verband für Bil-dungsmedien, die Messegesellschaften, Siemens und Intel.
•  Die Geschäftsführung liegt beim IBI in Berlin. Bei den Jury-Mitgliedern gab es moderate Wechsel.
•  In diesem Jahr besteht die Jury aus neun Mitgliedern, zwei waren leider am Tag der Jury-Sitzung krank.
•  63 Gutachterinnen und Gutachter bildeten das fleißige und engagierte Gutachterteam; sie haben sich durch die im Wettbewerb angemeldeten 92 Produkte jeweils zu zweit, aber unabhängig voneinander, durchgearbeitet. (Es waren in diesem Jahr 8 Anmeldungen weniger als 2012.)

 
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Wie immer, ist es auch im 18. Wettbewerb gelungen, innerhalb von acht Wochen - trotz der Weihnachtsfeiertage - die angemeldeten Produkte zu testen, zu beurteilen, für die Präsentation in der Jury-Sitzung aufzubereiten, in der Jury zu bewerten, und in den vier Wochen danach die Preisverleihung vorzubereiten. Wenn wir nicht ein so gut eingespieltes Team wären, hätten wir das nicht geschafft. Herzlichen Dank an das digita-Team im IBI, das Gutachter Team und die Jury-Mitglieder! Was gibt es Bemerkenswertes aus der Sicht der Jury zum Preis unmittelbar zu sagen? Im Vergleich zu den anderen 17 Wettbewerbsrunden hatten sich noch nie so viele verschie-dene Anbieter am digita beteiligt und noch nie war das inhaltliche Spektrum breiter. Er-staunlich ist die Vielfalt der Einreicher, von denen einige erstmals am digita teilgenommen haben. Sie werden jetzt denken "Nenne doch mal ein paar Namen". Leider kann ich Ihnen damit nicht dienen, denn mit Ausnahme der Nominierten wird weder ein Einreicher noch ein Produktname der übrigen Wettbewerbsteilnehmer bekannt gegeben.

 

Allgemein kann ich zur Verteilung der Angebote auf Fächer und Einsatzfelder Folgendes sagen:Fremdsprachen 15 Produkte, davon 10 Englisch, Deutsch 9, MINT-Fächer 8, Poli-tik/Geschichte 7, Musik 3, Angebote für Kinder, z. T. auch Kindes- und Jugendalter 29, Berufsorientierung und Berufliche Bildung 10, Weiterbildung 11, Tools 14 etc., wobei Über-schneidungen vorliegen bei den Fächern und Einsatzgebieten. Die Jury hat sich eine Meinung darüber gebildet, wie die Einreichungen zu deuten sein könnten und welche Fragen zu beantworten wären: 1. Die leichte Marktdelle für E-Learning Angebote, die vor zwei Jahren die Kritiker noch zu der Annahme verlockt hatte, dass es sich vielleicht doch bald "ausgeelearnt" haben könnte, hat sich deutlich aufgelöst. Zum Lernen im Lebenslauf gehören die digitalen Medien heute und mehr noch in der Zu-kunft unabdingbar dazu. Es ist gar keine Frage mehr: Lernen mit digitalen Medien ist mitten im Leben angekommen und erfreut sich allgemeiner Akzeptanz. Das heißt nicht, dass alles akzeptabel ist und sein kann, was an digitalen Bildungsmedien dargereicht wird. Es gibt noch immer deutliche Qualitätsunterschiede bei den E-Learning-Angeboten. Aber sieht es beim Tafel-Buch-Kreidelernen viel anders aus?

 

2. Das mobile Lernen scheint auf dem Siegeszug zu sein. Wer treibt hier was? Finden die Anwendungen ihre Geräte oder suchen sich die Geräte ihre Anwendungen? Das Vordringen der Mobiles - Smartphones, Tablets und Notebooks - ruft die Entwickler von gerätespezifisch aufbereiteten Inhalten auf den Plan. Die starke Zunahme von Mobile Apps im Wettbewerb zu den verschiedensten Themen ist der Beleg für eine rasante Entwicklung, bei der wir erst am Anfang stehen. An Inhalten mangelt es dabei ganz gewiss nicht, aber in noch zu vielen Fällen an der guten Didaktik, der angemessenen Grafik und der Performance der Produkte. Die digita-Jury sieht beim mobilen Lernen großen Klärungsbedarf: Wie kann mobiles Lernen mit den vorhandenen didaktisch-methodischen Konzepten verknüpft werden? Welche Vor- und Nachteile sind vom "mobile learning" zu erwarten und wie stellt sich eine Bildungseinrichtung darauf ein? Wenn Mobile Learning schon morgen überall Einzug halten sollte, würde dann nicht die vorhandene Infrastruktur Probleme bereiten?

 

3. 75% der Einreichungen sind webbasiert. Das Lernen an jedem Platz und zu jeder Zeit in Interaktion mit anderen ist auf dem Wege zur alltäglichen Realität. In ca. 95% aller Haus-halte mit Kindern und Jugendlichen sind Computer mit Internetanschluss vorhanden, die lt. der aktuellen KIM- und JIM-Studien zu einem hohen Maße für Bildung genutzt werden - egal ob im formellen oder im informellen Kontext.
Die digita Jury sieht die Bildungseinrichtungen mit folgenden Fragen konfrontiert, auf die viele Pädagoginnen und Pädagogen noch keine Antwort wissen: Welche Möglichkeiten eröffnet das Internet für die Kommunikation zwischen allen am Bildungsprozess Beteiligten? Welche Infrastrukturkonzepte werden den neuen technologischen Entwicklungen gerecht, wenn immer mehr Anwendungen webbasiert sind? Hier sind auch die Schulträger und die Telekommunikationsunternehmen gefordert, die notwendige Ausstattung sicherstellen. Heute nutzen fast alle Lehrenden beruflich einen Computer, allerdings in der Regel nicht in der Lehre, sondern primär daheim für ihre vorbereitenden oder verwaltenden Aufgaben. Aber in Schule und Unterricht wird der Rechner nicht in dem Maße genutzt, wie es päda-gogisch, didaktisch und schulorganisatorisch möglich und erforderlich wäre angesichts der Entwicklungen in anderen gesellschaftlichen Lebens- und Arbeitsbereichen.
Die Nutzung von IT in den Bildungseinrichtungen alltäglich werden zu lassen - sowohl auf der pädagogisch-didaktischen als auch auf der organisatorischen Seite - ist eine Forderung, die nicht mehr originell, wohl aber immer noch nicht zufriedenstellend gelöst ist.

 

4. Wirklich multimediale Lernsysteme sind in dieser Wettbewerbsrunde erstmals in größerer Zahl am Start und auch unter den Siegern: Kombinationen verschiedener Medienformate, die aufeinander abgestimmt sind - es wird wirklich multi-medialer. Es scheint, als befände sich die Dominanz der papierorientierten Redaktionen im Schwin-den. Sätze wie diesen an die Adresse eines verantwortlichen Mitarbeiters für digitale Ent-wicklungen in einem großen Bildungsmedienhaus dürften bald der Vergangenheit angehö-ren "Merken Sie sich das, unser Haus ist ein Schulbuchverlag." Die E-Books sind auf dem Vormarsch, das digitale Schulbuch kommt, wie auf der didacta deutlich zu erkennen ist und nun auch von den Verantwortlichen in den Verlagen zurecht als Fortschritt erklärt wird. Damit dürfte der misslungene Versuch der PDFisierung von Schulbüchern ein verdientes schnelles Ende finden.
Und auch hier hatte die digita-Jury offene Fragen ausgemacht: Welche Chancen und Risiken bergen die digitalen Schulbücher und welche Anforderungen an die didaktische Handlungskompetenz der Lehrenden gehen damit einher? Wie erfolgt zukünftig die digitale Inhaltelieferung und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Schule und Unterricht? Und auch diese Frage noch: Wie verhält sich ein Kollegium in der Frage der "open educational ressources"?

 

Meine Damen und Herren! Ich bin einmal gefragt worden: Hat die digita Jury eine Schwäche für digitale Musik-Medien? Die Antwort ist knapp: "Stimmt!" Das liegt aber weniger an der Musikalität der Jury-Mitglieder als vielmehr an den - über die Jahre hinweg - überproportional zahlreich vertretenen sehr guten Produkten aus diesem Bereich der Bildung. Genauso könnte gefragt werde, ob die Jury ein ausgeprägtes Interesse am Fremdsprachenlernen hätte. Auch hier gibt es immer wieder Zyklen, in denen ausgemacht interessante Angebote für das Sprachenlernen - zumeist englisch - am Markt zu finden sind. Die Beherrschung von Sprachen gehört ja schließlich - zumal in der Informationsgesellschaft - zu den Basiskompetenzen. Insofern kann man feststellen, die Sprachenlernangebote im Wettbewerb machen mit multimedial interessanten Lösungen auf sich aufmerksam, die sich vom klassischen Sprachenlernen deutlich unterscheiden und offensichtlich bei den diversen Zielgruppen sehr gut ankommen.

 

Meine Damen und Herren, soweit einige resümierende Feststellungen zum diesjährigen digita-Wettbewerb aus der Sicht der Jury. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Spannung und Freude bei der Preisverleihung.

 
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